Modernes Frankfurt: Foto-Session in 3 Akten

Einmal im Jahr habe ich die Gelegenheit für mehrere Tage alleine ohne Familie Urlaub zu machen. Dieses Jahr war es das erste Mal eine Foto-Session. Die wollte gut geplant sein, denn ich meine: Planung ist Teil des Projekts und steigert die Vorfreude.
Als Ziel suchte ich mir Frankfurt aus, dass für architekturbegeisterte Fotografen ein Mekka ist. Ein modernes Mekka.
Ganz grob steckte ich mir folgende Ziele, Motive und Bildideen ab:
- Hochhausfassaden: Ausdruck der Modernität, Spiegelungen, Reihen, Wiederholungen
- Gegenüberstellungen von alten und neuen Gebäuden zur Darstellung starken Kontrasts
- Innenaufnahmen ausgewählter Gebäude: Dynamik durch ungewöhnliche Perspektiven und sehr kurze Brennweiten
- Panoramen: Aufnahmen von Aussichtspunkten zur Ablichtung der Skyline
Google und Co. lieferten bei der Recherche schon massenhaft gute Ergebnisse. Eine Liste von Wolkenkratzern und mögliche Aussichtspunkte waren darunter. Mit Street View konnte ich auch gute Standpunkte ermitteln. Fragen in Fotoforen wie dem DSLR-Forum oder der Fotocommunity sorgten für weiteres Futter. Am Ende landeten über 50 Sehenswürdigkeiten auf meiner Liste. Eine Auswahl der für mich dem Anschein nach interessantesten:
- Einkaufszentrum MyZeil
- Deutsche Bank
- Aussichtsplattform des Main Tower
- Tower 185
- Die Welle
- Radisson Blu
- Thurn und Taxis Palais
Eine mit Google Maps erstelle Karte, in der ich die ausgesuchten Motive eintrug, stand mir mit der Google Maps Engine-App auch mobil zur Verfügung.
Als Backup bei schlechtem Wetter setzte ich auf Einkaufszentren und Kirchen. Dafür holte ich die entsprechenden Genehmigungen ein.
Tag 1: Ein Rundgang
Am frühen Morgen fuhr ich mir dem ICE erster Klasse (man gönnt sich ja sonst nichts) von Köln nach Frankfurt und konnte schon um 10:00 Uhr ins Hotel einchecken. Mein Gepäck bestand mehr oder weniger aus Foto-Equipment und Unterwäsche. Viel Ballast konnte ich also nicht im Zimmer lassen.
Meine Planung hatte zwar jede Menge Motive umfasst, nicht aber wann ich wo fotografieren wollte. Das wäre etwas zu viel gewesen und nähme auch den ein oder anderen Überraschungsmoment. Ich war ja nicht auf der Flucht oder bei der Arbeit.
In den letzten Wochen (Anfang März 2014) wurde Deutschland vom Wetter verwöhnt und ausgerechnet jetzt schlug es um. Eine dicke Wolkendecke lag über der Stadt, aber es regnete nicht. Mit Sonnenschein wären die Glitzerfassaden natürlich noch beeindruckender.
Mein Hotel, das Corner Hotel, lag im Finanzviertel, also mitten im Motivdschungel. Ein erster Spaziergang führte mich an der DZ Bank vorbei Richtung Messe. Kastor und Pollux waren die ersten Hochhäuser, die ich ablichtete. Die Hauptmotive waren dabei die sich wiederholenden Fensterreihen und die Spiegelfassaden.
Erstes Highlight: Tower 185
Das erste Highlight war der Tower 185, in dem die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers residierte. Der dreiteilige Turm hatte ein markantes, gläsernes Mittelteil, das halbrund in die Höhe schoss. Das hufeisenförmige Sockelgebäude stand in einem interessanten Formenkontrast dazu. Die Fotografie-Lust hatte mich gepackt und nach gut einer halben Stunde waren ordentliche Ultraweitwinkelbilder im Kasten. Ich belichtete etwas unter, damit die zaghafte Zeichnung des bedeckten Himmels noch erhalten blieb.
Skyline Plaza
Ein paar Tropfen fielen vom Himmel und ich flüchtet in die Skyline Plaza, einem neuen Shopping-Komplex nahe der Messe. Die markanten Rundungen außen wurden auch im Innern fortgeführt. Beim Center-Management holte ich mir eine mündliche Fotogenehmigung und knipste recht ziellos drauflos. Das Weitwinkel-Objektiv blieb auf meiner Kamera.
Die Skyline Plaza verfügte über eine Dachterrasse, die nicht nur für Fotografen interessant war. Es gab ein Bistro, einen Spielplatz und zum Flanieren etwas Grün. Die Aussicht auf das Torhaus, Kastor und Pollux waren gut. Für eine Minute lugte die Sonne durch die Wolken, und im neuen Licht leuchteten die Gebäude endlich einmal. Der rötliche Messeturm stand in einer Linie zum Europaturm. Hinter dem bunten Dach der Plaza ragte schon so etwas wie eine Skyline auf.
Gute Aussicht bei Kaufhof
Weiter Richtung Westen entdeckten ich nichts Besonderes mehr. Erst auf dem Weg zurück ins Zentrum über die Bockenheimer Landstraße rückten neue Motive ins Visier. Die alten und gut erhaltenen Gebäude aus der Gründerzeit standen in starkem Kontrast zu den hochmodernen Wolkenkratzern. Auch die Kirchtürme bildeten einen Gegensatz dazu. Eines meiner fotografischen Ziele war damit bereits erfüllt.
Der Abend kam schnell. Ich vergaß beim Fotografieren die Zeit. Zum gelungenen Abschluss des Tages suchte die Dachterrasse des Kaufhofs auf, die als bekannter Aussichtspunkt entsprechend beliebt war. Auch einige Fotografen mit Stativ hatten sich hier schon ein Plätzchen reserviert. Die Brüstung war zu hoch für mein Reisestativ und so fotografierte ich Zur Blauen Stunde einige Panoramen aus der Hand. Die Hochhäuser, allen voran der Commerzbank Tower, leuchteten in den blauen Abendhimmel.
Tag 2: Wetter-Lichtblick
Das Wetter startete heute morgen miserabel. Bilder zum „Sonnenaufgang“ erübrigten sich. Grau, tief hängende Wolken und schlechte Sicht trüben meine Motivation. So suchte ich weiter Fassaden und schärfte den Blick für Details, Formen, Muster und Reihen. Der Himmel musste „draußen“ bleiben.
Im Westhafen fand ich einige Motive. Vor allem der Westhafen Tower und die glatte Aluminium-Fassade des Westhafen-Piers zogen mich an. In der Taunusanlage und südlich davon fing ich noch ein paar Kontraste ein, aber da hatte ich schon das mein zweites große Highlight im Kopf: MyZeil.
Kurven und Geraden in MyZeil
MyZeil ist das futuristische Einkaufszentrum mit der charakteristischen Glasfassade. Das „Loch“ darin ist quasi ein Trichter, der ins Innere führt. Architektonisch herrschen dort Kurven und Bögen vor, die mit den langen Rolltreppen konkurrierten.
Wieder waren das Ultraweitwinkel und jetzt auch das Fisheye am Zug, das ich zum ersten Mal seit dem Erwerb vor einem halben Jahr intensiv nutzte. Spektakulär und dynamisch, aber leider auch nur ein „schneller Kick“, der den Blick auf Details verstellt. So erging es zumindest mir. Erst nach einer Pause entdeckte ich die Beleuchtung und die geschwungenen Gänge mit Geländer, die sich auf den zweidimensionalen Bildern kreuzten.
Neues Licht mit Sonne
Es machte verdammt viel Spaß. Am frühen Nachmittag änderte sich zudem das Wetter. De Wolkendecke brach auf und blauer Himmel kam zum Vorschein. Mein Herz öffnete sich. Ich mochte kaum glauben, wie stark dieses neue Licht die Stadt zum Leuchten brachten. Der Westend Tower mit den fliegenden Fahnen und der Skulptur „Inverted Tie and Collar“ waren gestern noch langweilig, heute ein Renner. Die „Frankfurter Welle“ erschien durch meinen Polfilter in kuriosem Grünblau.
Trotz bester Laune merkte ich meine schmerzenden Füße. Schon gestern Abend hatte ich mir trotz guter Trekkingschuhe ein paar ordentliche Blasen eingefangen. Seit gestern Vormittag war ich über 20 Kilometer gelaufen, die sich ordentlich bemerkbar machten.
Die Motivation aber trug mich weiter: Zum Palais Thurn und Taxis, dem hübschen Neorenaissance-Bau, der vor dem monströsen NEXTOWER und dem Jumeirah-Hotel etwas verloren wirkte. Der Gegensatz war einfach nur krass.
Ich besuchte noch einmal MyZeil. Schließlich hatte ich nur für den heutigen Sonntag eine Fotoerlaubnis. Bei verhaltenem Sonnenschein war der Kontrast von innen zu außen nicht so enorm. Dennoch fertigte ich Belichtungsreihen an, um für HDR gewappnet zu sein.
Hoch auf den Main Tower
Zufrieden mit meinen Bildern gönnte ich mir ein dickes Eis und ließ meine geschundenen Füße etwas frische Luft schnappe (plötzlich war ich ganz alleine). Ich fragte mein Smartphone nach dem Wetterbericht für morgen und erntete kühles Grau. Noch schien die Sonne, und somit war der Plan für heute Abend klar: Rauf auf den Main Tower.
Das sonnige Wetter täuschte etwas. In 198 Metern Höhe war die Fernsicht nicht wie erhofft. Dunst lag über der Stadt. Der blaue Himmel verlief immer mehr ins graue. Kein Grund einzupacken. Mit tief eingestelltem Stativ direkt vor der Glaswand konnte ich reflexionsfreie Panoramen machen. Stellte ich es über die Brüstung machte mir der Wind Probleme. Leider schloss die Aussichtsplattform schon um 19:00 Uhr, sodass man zur besten Zeit der Blauen Stunde nicht mehr fotografieren konnte. Der Sonne ging erst um 18:33 Uhr unter.
Tag 3: Ins Herz der Stadt
Der Wetterbericht hatte recht. Der Tag fing genauso an wie gestern: trüb und grau. Aber ich war ja zu Fotografieren hier, und dafür ist Sonnenschein keine Voraussetzung. Schließlich hatte ich einen Termin um 10:00 Uhr am Main Triangel, einem markanten Bürokomplex in Dreiecksform.
Ohne Himmel
Die S-Bahn brachte mich nach Mühldorf, von wo ich zum Main lief und noch Zeit für ein paar andere Aufnahmen hatte. Natürlich ohne Himmel. Der Neubau der EZB machte einen interessanten Eindruck, wirkte durch seine fehlenden rechten Winkel und meine recht langen Brennweiten (ja, der Himmel) irgendwie seltsam. Nur ein Außenaufzug brachte etwas Pepp hinein.
10:00 Uhr. Main Triangel. Ich ließ mich zum Hausmeister führen. Er fragte mich: „Wo wollen Sie hin?“ Ich kann sie in den Leerstand schicken. Dieser war in einer der oberen Stockwerke. Fotos lohnten sich nicht. Genau, der Himmel. Statt dessen ging ich in den Innenhof und fotografierte diesen weitwinklig. Er wirkte mit seinem Glasdach und den Panoramaaufzügen sehr modern. Das flache, trübe Licht machte aber alles kaputt. Ich löschte die meisten der Aufnahmen wieder.
Die Lust war nach zweieinhalb Tagen Dauer-Fotografierens hauptsächlich wegen des aktuellen Wetters etwas verflogen und ich konnte kaum noch laufen. Das Tagesticket der hiesigen Verkehrsbetriebe rettete meine mit Blasen gespickten Füße vor dem endgültigen Exitus.
Bunte Fassaden und leuchtende Pilze
Ich nahm die eine Straßenbahn Richtung Nordosten, um das Radisson Blu Hotel zu besuchen. Die stehende Diskusscheibe war ein echter Hingucker. Eine Frontalaufnahme vom Baugebiet südlich gelang mir leider nicht, da ein paar Bäume dazwischen standen. Und natürlich: der Himmel.
Die Bahn brachte mich nach Norden. Die KfW-Westarkade war mein Ziel. Sie erinnerte mich stark an die Cologne Oval Offices (LINK Bild Köln modern). Die Fassadenlamellen gab es hier aber auch noch in blau, statt „nur“ in rot und grün. Sie waren ein wunderschönes Motiv (ja, ohne Himmel).
Auf dem Weg ins Zentrum schaute ich mir noch die U-Bahn-Station Westend an. Ein lohnenswerter Abstecher, denn die pilzförmigen Säulen machen mit ihren Neonleuchten Eindruck auf mich. Es war Zeit mal wieder das Stativ auszupacken und eine Belichtungsreihe anzufertigen.
Zurück an der Alten Oper gönnte ich mir eine lange Ruhepause. Und siehe da: Die Sonne kämpfte sich durch und übergoss die Oper scheinbar mit flüssigem Gold. Das wäre ein schöner Abschluss meiner Fotoreise gewesen, doch ich hatte noch einen Termin.
Führung durch die Deutsche Bank
Um 18:30 Uhr begann die Führung „Frankfurts Riesen“ an den Türmen der Deutschen Bank. Ich hatte sie gebucht, um auch einmal das Innere der Schaltzentrale der Macht zu fotografieren. Und das war tatsächlich erlaubt.
Professionell führte die Dame von der Deutschen Bank durch das Foyer. Das Hauptthema war Nachhaltigkeit und Umwelt. So erfuhren wir (acht Teilnehmer) von der Renovierung 2006, ohne die die Türme wegen des schlechten Brandschutzes hätten geschlossen werden müssen. Diese beinhaltete: keine Klimaanlage, Nutzung der Körperwärme zur Heizung, Kühldecken und ein Lichtsystem, das sich dem gegebenen Tageslicht anpasst.
Auch ein Kunstkonzept, das Designer und Architekt Mario Bellini entworfen hatte, wurde umgesetzt. Der markanteste Punkt darin war die Kugel aus Stahl, die in der Mitte des Foyers zu schweben schien. Aber auch der Brand Space, ein öffentlich zugänglicher Bereich mit Skulpturen und digitalen Infotafeln, war sehenswert. Höhepunkt war darin die Installation, die aus hunderten von Motoren angetriebenen und an Fäden hängenden Platten, wechselnd Formen darstellte. Vom Vogel über eine Welle bis zum Logo der Deutschen Bank.
Die Führung ging in der Taunusanlage weiter und endete schließlich im Commerzbank Tower, der sich mit seinem dreieckigen Grundriss deutlich vom Rest der Wolkenkratzer absetzte. Weitere Besonderheiten waren das riesige Gemälde im Foyer und die unterschiedlich gestalteten Gärten, die wie leider nicht besichtigen konnten.
Die Sonne war längst untergegangen und in nicht mal einer halben Stunde stand meine Rückreise an. Zeit für eine Retrospektive, für ein Wirkenlassen der vielfältigen Eindrücke, hatte ich erst in der Bahn. Doch schon soviel stand vorher fest: Mein erster reiner Fotourlaub war gelungen.
Fazit
Was kann ich über die drei voll gestopften Tage meiner ersten Fotoreise sagen? Eine ganze Menge. Meine oben genannten Ziele habe ich erreicht. Die gewünschten Bildideen konnte ich zum größten Teil umsetzen. Ich versuchte mich sogar an einigen Spielereien wie „Bewegungsunschärfe“, indem ich bei Ablichtung von Fassaden die Kamera vertikal bewegte. Durch die lange Belichtungszeit (mit Graufilter) erreichte ich diesen interessanten Effekt.
Trotz des insgesamt mittelmäßigen Wetters besuchte ich kein „Backup“ wie den Dom oder die Paulskirche. Mir fehlten allerdings die Skyline fotografiert von einer der Main-Brücken zum Sonnenauf- oder -untergang. Fassadenspiegelungen landeten auch kaum im Bilderpool.
Es wäre sinnvoll gewesen, zu den während der Vorbereitung notierten Sehenswürdigkeiten auch noch ein paar Fotos beizulegen, um diese vor Ort wieder zu erkennen. Zudem hatte ich gelernt öfter mal über die Schulter zu schauen, um keine Motive zu verpassen. Insgesamt war ich mit meiner Planung im Nachhinein aber sehr zufrieden gewesen. Sie hatte mir Ort so einige Sucherei erspart.
Nur: Was mache ich gegen die Blasen? Vermutlich waren meine Schuhe zu groß oder die Socken zu dünn. Oder ich werde einfach alt…
Erste Schritte in Schwarz/Weiß
Der wolkenverhangene Himmel auf vielen Fotos hat mich während der Sichtung nachdenklich gemacht. Die Bildkompositionen war durchaus in Ordnung, aber sie wirkten flach und blass. Gerade die Blässe ließ mich während der Bearbeitung mit Lightroom ein wenig experimentieren. Warum nicht gleich ganz die Farbe entfernen?
Ohne jegliche Vorkenntnisse begann ich mit der Schwarz/Weiß-Konvertierung. Neben dem Herunterdrehen des Dynamik-Reglers spielte ich vor mit der Gradationskurve und der Luminanz. Die Ergebnisse könnt Ihr in dieser kleine Galerie betrachten (LINK).
Statistiken
Auslösungen, Aufnahmen und Fotos
- insgesamt 1051 Auslösungen
- nach Sichtung vor Ort: 400 Aufnahmen
- nach Sichtung Lightroom: 198 Aufnahmen
- konsolidiert (Zusammenfassung der Panorama-Einzelaufnahmen Belichtungsreihen): 151 Fotos
- 9 Panoramen
- 7 Belichtungsreichen (HDR)
- 75 Hoch/76 Quer
Verteilungen
Tagesstatistik
Tag | Auslösungen | Laufstrecke | Bahnfahrten |
---|---|---|---|
Samstag, 15.3. | 321 | 16,4 km | 1 x Bahn |
Sonntag, 16.3. | 490 | 18,5 km | – |
Montag, 17.3. | 240 | 6,0 km | 3 x STR, 1 x Bus, 2 x Bahn, 1 x U |
Hier die Fotos dieses Artikels als Slideshow.
Ihr habt nun einen ersten Eindruck meiner Fotoreise nach Frankfurt bekommen. In den nächsten Wochen werde ich weitere Artikel veröffentlichen, in denen ich die besten Bilder zusammenstelle. Ich freue mich auf Euer Feedback!
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