Frankfurt in Schwarzweiß
Mit Schwarzweiß hatte einst alles angefangen. Heute, in der durchdigitalisierten Welt der Fotografie, erlebt sie eine Renaissance. Vom hektischen Dauergeknipse und Datenwust genervt, zieht es viele zurück in diese langsame, aber sehr bewusste Disziplin. Es geht formell um Kontraste und grafische Formen, künstlerisch um Abstraktion und Intensivierung der Bildaussage.
Bei mir nicht. Es war reiner Pragmatismus. Klingt abwertend, aber der Reihe nach:
Mitte März befand ich mich auf dreitägiger Fotoreise in Frankfurt, um moderne Architektur einzufangen. Das war mir gelungen, doch das mäßige Wetter zwang mich zu Kompromissen. Aufnahmen mit Himmel machte ich nur selten. Stattdessen konzentrierte ich mich auf Fassaden, Details und Innenaufnahmen.
Zu Hause angekommen, sichtete ich die Bilder in Lightroom. Einiges gefiel mir ganz gut. Die sich wiederholenden Fensterreihen der Hochhausfassaden, die Linien und Kurven von Skulpturen und dramatische Weitwinkelaufnahmen aus der Froschperspektive. Aber die Wolkendecke verschluckte Farben und schuf einen kontrastarmen Bildeindruck.
Erst nach mehrmaligem Betrachten entdeckte ich aber einen „anderen“ Wert einiger Aufnahmen. Farben spielten darin keine Rolle. Im Gegenteil, sie behinderten die Bildaussage und lenkten ab, auch wenn sie nur schwach ausgeprägt waren.
Ich experimentierte mit den Reglern der Entwicklungspaletten:
- Dynamik oder Sättigung runter
- Histogrammdehnung durch Anpassung an der Gradationskurve
- Erhöhung der Luminanz ausgewählter Farben
Für einen ersten Ausflug in die Schwarzweiß-Fotografie (bzw. Schwarzweiß-Umwandlung) war ich ganz zufrieden, obwohl einiges dagegen sprach:
- keine theoretischen und praktischen Kenntnisse in der Schwarzweiß-Fotografie
- Fotografieren ohne bewusste Absicht der Schwarzweiß-Konvertierung
- relativ zufällige Auswahl der konvertieren Bilder
Nun werde ich immer Keller sicherlich keine Dunkelkammer errichten und zur analogen Schwarzweiß-Fotografie zurückkehren. Aber ich werden versuchen, mein Auge noch mehr für Formen und Kontraste zu schulen, also für die Dinge, die für die Schwarzweiß-Fotografie wichtig sind. Ob ich damit dann einmal bewusst schwarzweiß Fotografieren gehe, steht aber noch in den Sternen.
Wie stehts bei Euch mit Schwarzweiß? Geht Ihr aktiv S/W-Fotografieren? Wie ist Eure Motivwahl und ganz allgemein Eure Herangehensweise dabei im Unterschied zur Farbfotografie?
Weitere Artikel der Serie „Frankfurts moderne Architektur„:
- Reisebericht: ausführliches Tagebuch mit Statistiken zu Wegstrecken, Auslösungen, benutzten Objektiven, Brennweiten etc.
- Kontraste: alt gegen neu, rund vs. gerade, warm und kalt, Stahl/Glas/Beton
- Fassaden: Glitzerfassaden, Fensterreihen und ein Wurmloch
- Diese Stahlskulptur heißt „Die Welt“. In der Finanzmetropole ist man nicht zu bescheiden.
- Interessant abgesteppte Fassade des Kastor-Hochhauses.
- Ganz klar eines der Highlights der Frankfurter Skyline ist der Tower 185 mit dem hufeisenförmigen Sockelgebäude.
- Die geschwungene Fassade der Skyline Plaza.
- Der Messeturm einmal anders, als Fisheye von unten.
- Charakteristisch für den Opernturm sind die hohen Fenster.
- Die Form des Dreieck beherrscht die Fassade des Westhafen Tower.
- Glas und Aluminium machen die Fassade des Westhafen-Pier zum Hingucker.
- Die Spalten zwischen den Aluminiumblenden an der Fassade des Westhafen-Pier wirken wie Nadeln im Gebäude.
- Der halbrunde Grundriss des Skyper ist etwas besonderes. Seine gläserne Fassade wird in der S/W-Konvertierung auf das Wesentliche reduziert.
- Schiller vor dem Main Tower.
- Dreiecksfassade im MyZeil.
- Die Fensterreihen der Frankfurter Welle.
- Ein gläsernes Riesenrad streckt sich in den Frankfurter Wolkenhimmel.
- Symmetrie ist ein passendes Stilmittel in der Schwarzweißfotografie.